Mariananda

Die dunkle Nacht

Die dunkle Nacht der Seele

Die meisten westlichen Sucher kommen zu einem spirituellen Meister, weil sie denken: Das, was er oder sie „hat“, das will ich auch haben.
Der hat magische Kräfte, von dem erwarte ich, dass er mich heilt, dass er mich von meinem irdischen schweren Los erlöst. Wenn ich ihm nach-folge werde ich von allem, was mich bedrückt erlöst. Dann geschieht mir nie wieder ein Unglück, ich werde nie wieder Sorgen haben.
 
Sie denken: Oh, dem geht es so gut, der ist immer so ausgeglichen und zufrie-den, er strahlt so eine Heiterkeit aus, so will ich auch werden.
 
Dann stellt dieser Suchende alles Mögliche an, damit der Meister ihn sieht, ihn erkennt, ihm seine Aufmerksamkeit schenkt, und schlußendlich ihn als Schüler annimmt.
Meistens lässt  der Meister  erst eine recht lange Weile vergehen, während der er prüft, ob er den Suchenden als Schüler annimmt.
Er prüft, ob der Schüler nur gerade einer kurzlebigen Faszination erliegt,  einer kurzweiligen Laune folgt, eine langweilige Langeweile füllen will oder ob er bereits die seelisch-geistige Reife entwickelt hat, derer es bei einem wahr-haftigen Schüler bedarf.
 
Wenn der Lehrer ihn dann schließlich angenommen hat, dann denkt  und wähnt der Schüler: Toll, er hat mich genommen.
Ha, dann bin ich ja schon einmal wer. Aus einem sich als sehr unzulänglich wahrnehmenden „Niemand“ ist nun ein sich plötzlich als schon einmal „Jemand“  empfindenden geworden.
 
Und die meisten tapferen Sucher sind dann eine ganze Weile sehr euphorisch. Und das ist auch gut so.
Sie lernen in dieser ersten  Begeisterung schon ein wenig, den Meister zu lieben, zu verehren, ihm Respekt zu zollen.
 
Aber dann, nach einer Weile beginnt diese Anfänger – Begeisterung ganz unmerklich  zu bröckeln. Und es bröckelt. Und es bröckelt.
 Zuerst wird dieses „bröckeln“, dieser innere Rückzug,  vom Schüler gar nicht
wirklich  bemerkt. Wenn der Lehrer ihm diesbezügliche Fragen stellt oder sanfte Hinweise zukommen lässt, überhört der Schüler diese fast immer, oder er interpretiert sie in ihm bekömmliche Deutungen um.
 
Meistens denkt der Schüler dann:
Na ja. Ist ja auch nur ein Mensch.
Der hat ja auch diesen Fehler und dann jene Schwäche, was habe ich nur alles so in ihn hinein gesehen am Anfang.
Na ja, wozu muss man eigentlich einen Meister haben?
Außerdem erzählt der immer dasselbe, das habe ich alles auch schon 100mal gehört, gelesen und nochmal gehört. 
Kommt da nicht endlich mal etwas Neues .
 
Oder er denkt: Och, mit einem bisschen schlechten Gewissen war ich ja
vorige Woche bei einem anderen Meister. Na, der war irgendwie besser, toller.. Der hat mich so freundlich begrüßt. Mein Meister guckt mich ja nur noch so schräg an. Na ja, ist meiner wahrscheinlich doch kein so guter Meister.
 
Nachdem der Meister dem Schüler verschiedenste Möglichkeiten gegeben hat, die aber weder gehört noch verstanden wurden, fragt der Meister dann
schließlich den Schüler:  Was ist denn eigentlich los mit dir?
 
Dann denkt der Schüler: du kannst mich mal.
Das werde ich dir schon gar nicht mehr sagen, seitdem du nicht mehr so nett zu mir bist. Wann hast du mich denn wohl das letzte Mal gelobt, oder mich geheilt, oder meine Beziehung gerettet, und den Job habe ich auch immer noch nicht…
Was bist du denn bloß für ein dämlicher Meister…
 
Und das ist dann auch oft der Beginn der dunklen Nacht der Seele.
Gestern hat jemand gesagt: ich will in den Himmel.
Das erscheint ja erst einmal auch ganz okay.
Leider hat er den Preis vergessen.
Der Preis ist die Hölle.
 
Weil Himmel und Hölle ein duales Gegensatzpaar sind. Himmel und Hölle entspringen den Wunschphantasien des gewöhnlichen Mind. Des Ego,  oder christlich gesprochen den Einflüsterungen des Teufels.
Du bekommst das eine nicht ohne das andere.
 
Das ist nicht: ich will IN Gott sein.
Das ist nicht: ich will erlöst sein.
 Im Wissen um das, was ist.
 
Sondern: ich verstecke die Hölle hinter mir  und schiebe den Himmel vor mich hin. Und der Himmel soll natürlich all meine Wünsche erfüllen. Das ist ein sehr kindliches und sehr verständliches Begehren. Jeder Mensch will eigentlich einfach nur glücklich sein. Das ist verstehbar, so angelegt, und entspricht sei-ner Natur. Freud sagte: Jeder sucht Lust und vermeidet Unlust. Damit hat er das egoische, Persönlichkeits- gebundene Triebgeschehen sehr klar und deutlich benannt.
Nun aber hat der Teufel noch die Großmutter.  Und da ist die Hölle.
Und plötzlich sage ich: mir wird der Himmel verwehrt. Warum nur wird mir der Himmel verwehrt. Was habe ich so falsch gemacht? Welcher Makel haftet an mir? Womit habe ich das nur verdient, dass ich nicht im Himmel bin. Und gleichzeitig wird mir mein Begehren auch suspekt, denn Ich entdecke entsetzt: der Himmel hat  wirklich sein Gegenteil: die Hölle.
 
Weil ich so gierig nach dem Himmel war, entdecke ich plötzlich, und
natürlich zuerst einmal nur von außen, die Hölle.
 
Und die Hölle ist das, was das Gegenteil, in mir,vom erträumten Himmel ist.
Aber da ich noch nicht begriffen habe, dass dieses Gegenteil vom erdachten Himmel, die Hölle, von mir selber kreiert wird, denke, erfinde, projiziere ich es erst einmal unwissend nach außen.
 
Und so entdecke ich plötzlich, dass ich den ach so hochverehrten Meister
plötzlich ach so abgrundtief schrecklich, autoritär, nichtssagend, falsch, mir nicht gemäß, usw. usw. finde.
 
Ich sage: das, was du mir gibst, oder nicht gibst, das ist doch alles nur Trick,
fauler Zauber, dummes Gerede, hochgestochenes spirituelles Gewäsch, das keinen Bezug hat zum täglichen Leben. Es können nicht alle Heilige werden. Miete will bezahlt werden, Kriege hat es schon immer gegeben, ach, dass waren so spät-pubertäre Flausen.  Das glaube ich dir doch sowieso nicht.
Wie konnte ich nur darauf hereinfallen.
Und das variiert dann jeder Einzelne nach seiner speziellen Fixierung, die so wunderbar im Enneagram aufgezeigt wird.
Über diese, unsere so scheinbar ganz private  Hölle informiert uns das Enneagram. Sehr genau, sehr präzise. Es zeigt uns, dass dieses Himmel und Hölle-Spiel  keineswegs etwas sehr Individuelles, etwas Persönliches ist. Es ist ein MUSTER. Es ist eine allgemeine Struktur, die nach neuesten Forschungen sich bereits im Mutterleib, durch die dort herrschende Mutter-Kind-Beziehung,  durch die Beziehung des Kindes zu „seiner“, zu der Plazenta heran  bildet.
 ( Leinweber/ Worawa auf der Grundlage der Forschungen von Stanislaf Grof und Lake) Bereits 1911 hatte Freud eine dahingehende Vermutung  in einem Brief  an C.G.Jung geäußert.
Die allgemeine Struktur folgt bestimmten Gedankenmustern, die keineswegs besonders einmalig oder etwa individuell sind.
Es ist etwas, das es zu erkennen gilt. Es gilt die Struktur und die durch diese Strukturen hervorgebrachten Verhaltensweisen anzuerkennen, dann zu durch-schauen und dann fallen zu lassen. Loszulassen.
 
Ich muss meine Begierden, meine Wünsche, meine Sehnsüchte, vor den inneren Beobachter tragen. Alles will gesehen und erkannt werden. Und wenn ich als erstes den Himmel vor ihn trage, kann ich ziemlich sicher sein, dass früher oder später auch die Hölle sich zeigen wird.
Und jetzt spreche ich ein wenig über die Hölle.
Himmel ist nicht so schwierig, da braucht ihr nur all eure Gieren, eure Vorstellungen, eure Wünsche, alles was Ihr „haben“ wollt, meint unbedingt haben  zu müssen, hineintun.
Die Hölle ist das, was bei jedem eurer Wünsche sich auf der Rückseite der Medaille verbirgt. Das glaubt ihr natürlich nicht. Weil ihr denkt: aber das ist doch jetzt der Himmel. Wo soll denn da die Hölle sein?
Die indische erleuchtet Weise Sri Ananda Mai sagt hierzu:  Was den Sinnen zuerst so erfreulich erscheint, entwickelt sich später sehr  zu einem vergifteten heißen Stuhl, indem der momentanen Befriedigung der äußeren Sinne  oft  Verwirrung, Unruhe und Unzufriedenheit folgen, denn sie gehören ja bereits dem Reich der Hölle an.
Sie versteckt sich nur hinter deinem Rücken oder auf der Rückseite der Medaille. Sie entzieht sich noch deinem bewussten Erleben. Noch erkennst du keinen Zusammenhang zwischen Himmel und Hölle, zwischen Ja und nein, zwi-schen einerseits und andererseits.
Noch denkst und wünschst du dir eine Strategie um das Eine zu erhalten und das Andere zu vermeiden.
Solange du „Himmel“ erhältst – deine Sehnsüchte und Wünsche temporär erfüllt werden, verdrängst und leugnest du auch nur die Möglichkeit von Hölle vollkommen. Du wähnst, dass dein Glück nun ewig dauere.
Schon Goethe stieß seufzend aus: ..Verweile doch, ach Augenblick, du bist so schön“, sehr wohl ahnend dass auch der himmlischste Himmel nicht von Dauer bleibt.
Und in dem Moment, in dem du dann – meist wieder – in der Hölle sitzt, und diese Hölle er-lebst, glaubst Du gar nichts mehr.
Das ist das, wo am Schluss seines Lebens Jesus am Kreuz klagend gesagt hat, der treueste Diener seines Herrn: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“? Und er glaubte tatsächlich, dass er verlassen worden sei.
Selbst Jesus, ein wirklich treuer Diener seines Herrn, der so ein treuer Diener seines Herrn war, dass wir zweitausendundsieben Jahre später noch immer von ihm lesen und hören und sprechen und jeder weiß, wer gemeint ist, so ein unglaublicher Typ war das, selbst ihm ist die dunkle Nacht der Seele nicht er-spart geblieben.
Er hat mehrere Male das gefleht: „Herr, lass diesen Kelch an mir vorüber gehen“. Und am Schluss, als er schon am Kreuz hing, klagte er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Und das heißt nichts anderes als: „Mein Gott, mein Gott, warum hab ich Dichverlassen? Wie kann ich im Geschehen der schlimmsten Ungerechtigkeiten, der schrecklichsten Kriege, des äußersten Einsamkeiten noch Deiner gewahr bleiben“.
Das erkennst du aber nicht in dem Moment. Du schimpfst und klagst nur:
Warum spricht mein Lehrer so kalt mit mir? Warum schimpft mein Lehrer mich an? Warum beachtet mich mein Lehrer nicht mehr? Nichts davon tut dein Lehrer wirklich.
Der schimpft dich gar nicht an, der spiegelt dir nur, was du mit ihm machst.
Das ist etwas, was jeder Seele, wenn sie sich erkennen will, widerfährt.
Weil jede Seele sich noch in der Dualität befindet. Das Ziel jeder Seele ist, sich zu offenbaren im Geist., in dem Einen, ohne sein Gegenteil.
Das heißt, da gibt es keine Dualität mehr, der Geist ist EINES. Seele ist sozu-sagen die Brücke zu dem, wo du nicht mehr da bist, total, sondern du entwickelst, entwickelst dich aus der Dualität ganz langsam hin, im Erkennen des Himmels und der Hölle in Dir, allmählich zur Einheit.
Das ist der Weg der Seele.  Das Ziel ist der Geist. Der Geist geht dann wieder neue Wege.
Und diesen Punkt wollen natürlich alle nicht erleben. Weil sie plötzlich ent-decken in sich: da ist etwas, mit dem habe ich nie gerechnet. Irina Tweedie, die grosse Sufi-Meisterin,  beschreibt das so: „Ich hatte gehofft, in integralem Yoga unterwiesen zu werden und wunderbare Dinge zu hören. Doch was statt-dessen geschah, war, dass mein Lehrer mich hauptsächlich dazu zwang, mich mit der Dunkelheit in mir auseinanderzusetzen und das brachte mich fast um. Mit anderen Worten: er hat mich dazu gebracht „zur Hölle hinabzusteigen“, dieses unermessliche Drama bewusst zu erkennen, das sich in jedem Menschen abspielt, sobald er es wagt, sein Gesicht zum Licht empor zuwenden“.
Sobald du dir dessen bewusst wirst, werden alle Kräfte und deren Gegenkräfte in Dir mobil. Das habe ich mir so nicht vorgestellt. Und sobin ichdoch nicht. Also müssen es ja wohl die anderen sein. Psychologisch nennen wir das einen Abwehrmechanismus. Derer gibt es an der Zahl etliche, nämlich neun. Eine Projektion, eine Leugnungoder Ungeschehenmachung, eine Verdrängung, eine Verkehrung ins Gegenteil, eine Rationalisierung, eine Regression, eine Reaktionsbildung, eine Isolierung, eine  Introjektion, und  Anna Freud definiert noch einen 10. Abwehrmechanismus: Sublimierung oder Verschiebung des Triebziels.
Und in Wirklichkeit ist es das Entdecken dessen: ja, die höchsten Freuden sind möglich, die höchsten Glückseligkeiten. Das ist so, wenn man in den ersten Jahren – da so herumtorkelt, so aahhhhhh, völlig glücklich, selig, torkelt man umeinander. Ein Schüler war überhaupt nicht mehr ansprechbar, der war nur noch trunken vor Glück, vor Staunen , vor lauter Sprachlosigkeit. Und dann kommt der Punkt  meist ebenso plötzlich an dem du merkst: „Oh Graus, da ist ja noch etwas ganz anderes mit emporgekommen. Da ist plötzlich tiefes Misstrauen aufgetaucht, schreckliche Sturheit, brennende Überheblichkeit, maßloser Stolz,  blasphemische Scheinheiligkeit, verächtliche Feindseligkeiten, da ist großes “Ich fühl mich zehn Mal besser, und das glaub ich sowieso nicht, woher will denn die das wissen oder der”, und dann spült der ganze Müll hoch, der in mir selber steckt.
Und hier nun trennt sich die Spreu vom Weizen, zeigt sich, wie wahrhaftig Du nach der Wahrheit um der Wahrheit willen, nach Gott um Gottes willen und nicht um zu erwartender Belohnungen willen  gesucht hast. Und da muss ich sehr tapfer sein und einfach weiter gehen.
Gangaji nennt es: „The tests will come, for sure“. Selbst Jesus wurde vom Teufel versucht. Jeder von uns begegnet im Verlauf seines Lebens Verlust, Misserfolg, verzweiflung, Einsamkeit,  Krankheit und Unzufriedenheit.
Ich komme nicht darum herum, niemand kommt darum herum:
Um die dunkle Nacht der Seele.
Es ist nur die Kehrseite der einen Medaille: menschlichen Seins.
Ich entdecke nur das andere, was mir aber bisher vor mir selber verborgen war.
Und natürlich: je bürgerlicher, je konservativer, je unpsychologischer  ich groß geworden bin – also religous belt oder amerikanische Erziehung , oder deutsches Kleinbürgertum – desto weniger rechne ich damit, dass solch „Böses“ in mir sein könnte. “Das  Böse, das Andere, das Schreckliche,ist ja immer nur draußen,  in mir ist das nicht. Das ruft die Umwelt ja nur hervor in mir”.  Bis ich entdecke: Ja selbst wenn sie es „nur“ in dir hervorruft, ist es doch da. Das ist eine Ausrede.
Selbst wenn du dich für unglaublich harmlos, nett, freundlich , liebevoll, hältst, in dem Moment, wo du über jemand anderen “Arsch” denkst, ist die Möglich-keit zum “Arsch” in dirgegeben, sonst würdest du es gar nicht denken.
Sonst würdest du wahrscheinlich sagen: hä? Was ist das denn? Was machst du denn da? Du kannst „böse, schlecht, hässlich“ nur deshalb erkennen, weil es in Dir selber ist, allerdings meistens gut versteckt.
Und dieses muss durchlebt, erfasst, erkannt und dann erst losgelassen  werden, ob einem das gefällt oder nicht. Man kommt da nicht drum herum.
Und die große Hilfe dabei bietet uns  das Enneagram.
Dass man dann weiß, zum Beispiel eine Sechs, die sich für unheimlich loyal und redlich hält, und plötzlich merkt er: Ha, ich habe auch Misstrauen. Wer hätte denn das von mir gedacht gedacht?
Ich, der heilige A, habe plötzlich auch Misstrauen. Er wäre töricht, wenn er nicht damit rechnen würde.
Oder mein Muster ist die Eins. Ich bin ein alter, elender, rechthaberischer Hagestolz. Ich habe immer gedacht, ich bin doch nur so ein lieber, ein schüchterner, braver Junge. Dass ich auch ein eingebildeter Hagestolz bin, dass ich ein Kampftaucher bin, wer hätte das gedacht.
Und dem muss ich ins Auge gucken wollen.
Und so könntet ihr  jetzt neun Persönlichkeiten alle durchgehen.
Unter stress zeigen sich Eure wunden, geleugneten abgewehrten Höllen-Seiten, egal, wie sehr ihr sie ablehnt oder abwehrt. Sie schlummern im Verbor-genen.
 
Worauf es nun ankommt, ist im Grunde genommen, wie bewusst und wie willig bin ich mir das angucke.
 
Zu entdecken, dass ich wirklich nur geklaut und nur gelogen habe, auf Deubel komm raus, und daran nicht ganz zu zerbrechen, das erfordert den absoluten Mut zur Ehrlichkeit. Den Mut aufzubringen und zu sagen: eigentlich habe ich
Gelogen, mich selber belogen  Dazu bedarf es des Muest. Dass man sich das anguckt und dass man davor nicht wegläuft. Und das ist der Punkt an dem viele weglaufen. Wo viele sagen: nö, also das ist ja gar nicht so, das stimmt ja gar nicht, also irgendwo ist mal Schluss. Mir reichts. Mein Lehrer spinnt.
Nein, das tut er nicht denn nun ist eigentlich das der Anfang.
 Und denmuss man mutig durchstehen,
Und all diese Schattenseiten in einem müssen gesehen werden. Die muss man sozusagen mit stoischer, sturer Gelassenheit und gleichzeitig voll verant-wortlich dafür, muss man sich das frei und willig angucken wollen.
Noch einmal: Dazu  gehört Mut . Weil sich niemand, wirklich niemand  gerne so sehen mag. Kleinkariert, anmaßend, dumm, stolz, gierig, einsam, rechthaberisch, voller Dünkel, eingebildet, unwissend, geizig, und all dieses niedrige menschliche Verhalten, von dem es in den zehn Geboten heißt, man solle ihm besser nicht folgen.
Oder wovon im Buddhismus gesagt wird, dass diese Dämonen hinter jeder Ecke auf einen lauern. Hungrige Geister, jederzeit bereit einen mit Haut und Haaren zu verschlingen.
Bis man erkennt, dass die Dualität des Ego, die Methode des Denkens, die Beschaffenheit des Fühlens, ja dass sogar die Wahrnehmung so beschaffen ist. Bis man es wirklich weiß und anerkennt, und nicht mehr so tut, als ob es nicht so sei.
Und eine „drei“ ist in dem Fall nur ein besonders sichtbares Extrembeispiel. Weil im Grunde genommen führt sie allen ganz direkt vor, was die Lüge ist. Die gewöhnliche lüge des Ego, der wir alle unterliegen, ehe wir es erkennen und die Wahrheit verwirklicht ist. In Wirklichkeit ist es so, dass jeder der nicht erwacht ist, lügt, wenn er das Maul aufmacht. So einfach ist das. Eigentlich jeder. Es sind Glücksmomente dazwischen, wenn du aus Versehen nicht Ego-verhaftet gehandelt hast.
Ich würde sagen neunzig Prozent des durchschnittlichen Verhaltens sind Ego-verhaftet, zehn Prozent gibt es gratis als hoffnungs-treibendes Aufmupferli dazu.
 
Und deswegen ist es so unheimlich schwierig, weil in dem Moment, wo ich in dem Zustand der  dunklen Seelennacht mich befinde – in früheren Jahrhunderten waren das die Versuchungen durch den Teufel; das ist nichts anderes.
Und Himmel und Hölle, Hölle ist ja schon der Begriff, wo der Teufel wohnt. Und der Teufel zum Beispiel, weil es am einfachsten ist es so zu nennen, der Teufel sagt: „Du, guck mal, ist doch ein großer reicher  Verein hier, ich meine, die haben es doch, die werden doch unterstützt, ich meine, von deinen Steuern , nimm doch ruhig das Papier mit, klau doch ruhig das, kannst doch ruhig die Radiergummis, einRadiergummi, was… ach komm zwanzig Seiten Papier, merkt doch keiner, außerdem: na und? Na, machen die doch auch alle und macht der doch auch und warum denn nicht ich auch“.
Und das sind erst einmal nur scheinbar winzige Kleinigkeiten, aber du über-schattest deine Seele damit. Du stehst da und erkennst eigentlich sehr wohl:  Unangenehm. Du weißt es auch. Weil jeder es weiß, dass es eigentlich nicht angemessen ist. Aber das Teufelchen in dir ist ganz schnell bereit zu sagen : „hmm, hamm-hamm, wieder was gespart, ha wieder etwas einverleibt..ham ham“. Und bastelt sich seine eigenen erklärenden , besänftigenden Gründe zurecht.
Das Teufelchen heutzutage heißt Ego, es hat nur einen anderen, intellektueller klingenden Namen gekriegt. Es bleibt immer derselbe Teufel. Mal hieß es die zürnenden Götter, mal hieß es die Naturgewalten, also du brauchst nur die Historie durchgehen, die Naturgewalten waren es am Anfang, die Vulkan-ausbrüche, die Überschwemmungen, die Erdbeben, dann saßen immer irgendwo irgendwelche bösen Geister drinnen oder darauf,  dann erschienen  gute Götter und schreckliche Götter. Und jede Kultur erfand dazu ihre eigenen Geschichten und Riten.  Alle Philosophie sucht nach Verstehen. Selbst die Psychoanalyse ist so eine erfundene Geschichte, um sich gut und böse zu erklären innerhalb der Ego-Dualität.
Und die Auswirkungen sind nach wie vor zu allen Zeiten immer dieselben.
Und ob ich damit zurecht komme, ist auch immer noch das selbe. Und das Erkennen- wollen  erfordert Mut.
Und ich muss mich daran erinnern, irgendwo, ganz tief innen, selbst wenn ich mich nicht mehr erinnere, muss irgendwo sein: aber da war mal etwas, warum ich da einmal hin gegangen bin. Also damals ehe diese ganze Hölle sich auftat, in der Zeit davor, da  gab es doch schon einmal den Jakobsweg.. Und das muss ich erinnern. Und wenn ich es nicht erinnere, dann muss ich wenigstens zuhören, wenn es mir jemand anders wieder sagt, mich wieder daran erinnert. Oder ich muss mich des Leuchtens des Meisters immer wieder vergewissern.
 
Und das ist etwas, das ist unabdingbar. Das ist auf diesem Weg mit einbegriffen. Ihr wisst es, ihr habt es in Büchern gelesen, bei Reishad Feild ist es dasselbe in: Ich ging den Weg des Derwish. Irina Tweedie erzählt es von morgens bis abends, dass sie getobt, gestänkert, geschrien, geheult, getan, gemacht, krank geworden ist.
Und das ist dieses: ich will es nicht sehen, was in mir tobt. Ich will das nicht. Ich bin hier her gekommen… sie sagt es ja einmal so wunderbar: “da bin ich den ganzen Weg von England nach Indien gefahren und was macht der? Quatscht mit seiner Frau, hat der ne Macke? Und dann mit diesen dummen, ungewasch-enen Hindi Unterentwickelten da. Der hat sie doch nicht mehr alle. Und mit denen redet er stundenlang über Autolack, der spinnt doch wohl, das will ein Meister sein?”
Aber etwas in ihr sagt die ganze Zeit: er ist trotzdem mein Meister. Sie ist erwachsen genug und klug genug um dieses eine nicht zu vergessen: „Er ist mein Meister“.
Wenn ich das in Frage stelle, dann wird es sehr schwierig. Wenn ich anfange, das, was ich wusste, nicht mehr zu glauben, dann habe ich Pech gehabt, habe ich zum ersten Mal in meinem Leben ein echtes Problem, gegen das alle anderen Probleme nur kleine Lappalien sind. Ich beginne jeden Boden unter den Füssen zu verlieren. Ich bin dabei, meine Seele zu verkaufen.
Und einen kleinen Neben-Hinweis: an diesem Punkt ist es völlig egal, ob der Lehrer ein guter Lehrer ist oder ein schlechter.
Da geht es nur noch um mich. Da kann sogar der große Scharlatan vor dir sitzen, denn in Wirklichkeit holst du hier nur noch deine eigenen Projektionen zu dir zurück.
Natürlich ist es schön, wenn er nicht ein Scharlatan ist, und nicht ein Spinner, aber letztendlich spielt es keine Rolle, weil alles, was du auf ihn projizierst, bist sowieso nurdu.
Das Gute wie das Schlechte. Du hast damit nichts zu tun. Natürlich ist es besser, es fällt in einen leeren Spiegel, aber es ist nur gut, wenn du dabei bleibst, sonst ist es sinnlos, sonst bringt dir das überhaupt nichts.
Und das musst du erinnern.
Und jedes Mal, wenn du etwas nichtsagen willst, wenn du etwas nichtzeigen willst, wenn du etwas beiseite schiebst, rationalisierst, ‘ach, das wird schon vorbeigehen’, das ist der Schatten, die Hölle. In dem Moment sitzt du wieder in der Hölle.
Das war dieses Gedicht von der Laura, die kurz vor ihrem Tod schrieb: Was habe ich versteckt und was habe ich beschützt und um Gottes Willen wozu?
 
Es ist so absurd!
Und aus diesem Illusionsgebilde besteht Welt. Und da muss ich wirklich einen Mut und eine Kraft und einen Willen  Ding nehmen und durchschlagen. Sonst funktioniert es nicht.
Und das muss ich mir immer wieder bewusst machen: Ich komme nicht um die dunkle Nacht der Seele  herum. Keiner. Keiner. Und wer meint, er kann einfach freischwebend ins Nirwana flitschen, der hat sich schwer geirrt.
Wir sind alle hoch theoretisierte, hoch verquaste hirnmäßige Leute. Wir sind nicht wie dieser eine kleine Mönch, ich weiß nicht, wer der Heilige wer und das Mönchlein, das Waldmännlein, das völlig von der Socke war von diesem Heiligen, der da den ganzen Tag vor seiner Hütte saß und meditierte.
Und er war tiefst  beeindruckt von diesem Menschen. Und er hat ihm etwas zu essen gebracht und er hat ihm die Haare gekämmt und er hat um ihn herum  sauber gemacht und er hat ihm Wasser hingestellt und er war völlig von der Socke. Er hat ihn so neidlos und hingegeben bewundert. Und Jahre vergingen und irgendwann pilgerten zu dem Menschlein ganz, ganz viele Leute und der heilige Mönch, den er so selbstlos versorgt hatte, hat sich vor ihm verneigt.
Diese gottgegebene Naivität ist leider keinem von uns mehr gegeben.
Und das ist das, was Gangaji und Papaji arrogancenennen, das ist die Arroganz des minds.
Diese einfach Hingabe, der kleine Mensch war einfach so rein, dass er einfach merkte: ‘Guck mal was der macht, das ist so gut’, und er hat ihn verehrt und vor ihm niedergekniet und ihm gedient und hat sein ganzes eigenes Leben darüber völlig vergessen. Ja, natürlich war er in Wirklichkeit der Heilige.
Aber das bringen nur wenige noch auf heutzutage.
 Ihr meint ja schon, wenn ihr Blumen mitbringt, das wäre eine Heldentat gewesen. Oder wenn ihr einmal freiwillig allein den Tisch gedeckt habt oder vielleicht für zwölf Leute abgewaschen habt. Dann wollt ihr belohnt werden. Ihr wollt beklatscht werden dafür, ihr wollt belohnt werden, und es ist keine ganz einfache Geste mehr.
Es ist keine  einfach, selbstlose geste mehr: ‘Ich tu etwas Liebes für dich und ich will dafür auch gar nichts. Sondern es macht mirFreude, es erfüllt mich, dass ich etwas für dich tuen darf.’
 
Und da seid ihr alle sehr, sehr verbildet und sehr auf Profit aus und das sitzt eben sehr tief. Und all dieser Müll muss hoch kommen. Dass ich das wirklich ehrlich erkenne, was ich eigentlich erwarte, was ich alles haben will, wo ich so da sitze, vielleicht sogar heilig tue oder denke von mir: „Mann was bin ich doch heilig…kurz vor Jesus  und eigentlich  in Wirklichkeit nur immerzu sage: „So, und wo ist  jetzt die Belohnung dafür?“
 
Und das geht sehr, sehr tief.
Das ist mit diesem Wort Erwartunggemeint: Hab keine, sei ohne. Die Erwartungen sind so tiefsitzend, wie ihr euch das gar nicht vorstellen könnt. Wenn ihr nicht wirklich freiwillig forschen könnt, dann muss der Ariadne-Fad-en, der rote Unbeirrbarkeits-Faden, heißen: Ich habe diesem Lehrer schon einmal geglaubt. Ich habe diesem Lehrer vertraut und ich weiß, dass es mein Lehrer ist. Ich weiß es zwar im Moment überhaupt nicht mehr, aber – irgendwo tief innen liegt es noch, auch wenn ich es jetzt nicht sehen kann.
 Das ist der rote Faden. Und an diesem roten Faden müsst ihr wie Ariadne in dem Minotaurus-Palast, verwinkelt, verdreht, oder in die Hölle müsst ihr an diesem Faden erst tief hinuntergehen, und den müsst ihr euch um den Bauch binden, und immer im Zweifelsfall müsst ihr euch erinnern: ‘Ach ja, das war ja der Faden’. Und dannwird der euch wieder zurückleiten. Sonst überlebt ihr es nicht. Das ist sonst nicht zu überleben.
Überleben heißt: ich werde nicht erlöst davon. Wenn ich das vergesse dabei.
Und irgend so etwas muss man wissen. Sucht einen solchen faden in euch, ehe die Dunkelheit euch umfängt, prägt ihn euch ein. Ihr müsst sein wie ein Bergsteiger im Himalaja.
Also nehmen wir einmal das Beispiel mit Eli und Gangaji. Meine psychologisch Interpretations-Analyse des Geschehens um den Betrug herum. Ich bin ziem-lich sicher, dass sie sehr richtig war. Die Analyse. Mein Ego wollte sie äussern, sie hinausposaunen, sich darüber ärgern, sich betrogen fühlen. Wollte.
Aber, auf einmal tarf es mich wie ein Ariadne-Schlag: „Was geht mich denn diese Analyse an? Ist doch völlig gleichgültig, was ich da rumanalysiere. Und in demselben Moment konnte sich die Liebe, die unendlichkeit, die wahrheit hinter jeglicher Analyse noch viel größer und noch umfassender zeigen und sie war vollkommen unberührt davon. Und darum war sie natürlich subjektiv gewachsen. Weil das, was sie scheinbar überschattet hatte, eine Analyse hatte die Liebe überschattet, und dann war plötzlich: ‘ja, mag ja sein, dass die Analyse richtig ist, ich mein, entschuldigung, du hast nun einmal auch gelernt so zu gucken, als  Psycho-Analytikerin, was soll sein’, und dann war die Wolke der Analyse vorbeigezogen und siehe da, die Blume war noch größer geworden und noch reicher und duftete noch mehr.
 
Und das irre ist: genau in dem Moment, als ich die Analyse loslassen konnte,  habe ich einen  Brief von ihr gekriegt. Ich habe weder mit einem Brief gerechnet noch etwas erwartet.  
Und das ist der Punkt: diese Wolke darf ruhig vorbeiziehen, aber ich muss irgendwo in mir wissen, dass immer noch dahinter die Sonne ist.
 
Und langsam werde ich mir innerhalb der Schattenarbeit immer bewusster und bewusster.
Es kommt aber in der dunklen Nacht der Punkt an dem  ich sage: ich weiß gar nichts mehr. Ich weiß es nicht und ich weiß nicht, was stimmt und ich weiß überhaupt nicht mehr, ob ich irgend etwas glaube und ob ich das überhaupt noch will. ‘Ich mein, ich muss ja auch nen Knall haben.’ Da stell ich alles in Frage. Und je nach Typus sagt einer, es ist die Abhängigkeit, einer sagt, es ist das Geld, der Dritte sagt, ‘na ja, was soll denn das, man muss ja auch mal mit der Familie was unternehmen’, es fällt schon jedem irgend etwas ein.
Immer das, womit er sowieso die größten Probleme hat.
Der Punkt ist, an diesem Punkt tapfer zu bleiben, durchzuhalten.
Mehr kann man da nicht sagen. Da kann man nur sagen: Halte durch. Halte durch. Es lohnt.
Es ist ein natürlicher Vorgang. Es ist nichts besonderes, es ist nicht, weil irgend jemand blöd ist oder weil jemand nicht will oder irgendwas. Sondern es ist die Ent-wickel-ung der Seele, und Seele ist beides. Hell und dunkel. Licht und Schatten. Und beides muss ich als Teile der Dualität erkennen. Auch das Licht ist Teil der Dualität.
Erst wenn alles sozusagen durch-lichtet ist, kann ich das ewige Licht sehen. Und das ist ein anderes Licht, als Himmel und Hölle. Himmel erscheintuns nur, und zwar dem Ego, als erstrebenswert.
 
Himmel istnichterstrebenswert. Weil Himmel Hölle beinhaltet. In Himmel ist Hölle enthalten und in Hölle ist Himmel enthalten. Die sind eins. Ist wie Yin und Yang-Zeichen. Es ist nicht Geist. Es ist nicht rein, es ist nicht leer, sondern es ist Begehren. Beides. Die Opfer begehren dauernd die Hölle, ohne dass ihnen das wirklich bewusst wäre. Sie finden die Hölle schrecklich, aber sie  sind gierig danach wie Höllenhunde. Und das muss ich erkennen. Jemand anders ist gierig danach: ICH. Weltmacht mit drei Buchstaben: ICH.
Jemand anders glaubt nicht an die Macht der Liebe. Sagt ‘pff, Liebe, Liebe ist was fürs Schlafzimmer. Wie, Liebe ist diese Energie, die diese Materie hervorbringt? Glaub ich nicht.’ Muss er ja auch nicht glauben, aber er kann wenigstens auf manche hören, die wissen, dass es so ist.
Und das ist oft noch  zu finden bei ganz extrem klugen Wissenschaftlern bis hin zu hohen geistigen Meistern.
Und das ist der Punkt, um den es geht.
Dieses irgendwie, irgendwo zu wissen. Irgendwo, auch wenn es mir im Moment nicht bewusst ist, dass da eine Ebene ist, „die höher ist als jede menschliche Vernunft“, wie es so schön in der Bibel heißt und die tiefer ist und die dich sowieso die ganze Zeit führt. Die nur sagt: Guck hin.
Du sollst nichts mehr tun als hingucken. Nur hingucken sollst du. Du sollst hin-gucken. Und das sollst du willig tun. Hingucken. Einfach nur hingucken. Keiner hat gesagt, du sollst dir die Beine abhacken oder du sollst so eine Sieben-armige nehmen und dir den Rücken blutig hauen. Niemand sagt, du sollst auf dem Fußboden rumrutschen und sagen: ‘ich bin ein Schwein, ich bin ein Schwein.’ Nein, du sollst nur hingucken, was du denkst, fühlst und wahr-nimmst.  Das allerdings so ehrlich wie möglich.
Und dein Ariadne-Faden ist dein Mut zur Wahrhaftigkeit. Das ist dein Ariadne-Faden, etwas anderes gibt es nicht. Dein Mut einfach zur Ehrlichkeit. Und es ist nur dein Leben, du tust es für dich, du tust es für niemanden anderen sonst.
Und der Witz ist, die Belohnung liegt in der Tat selbst. Es gibt keine weitere Belohnung. Und du kannst sehen, ob du wirklich das reinen Herzens tust, was du tust, weil du dann die Belohnung in der Tat selber spürst.
Wenn du auf eine weitere Belohnung außerhalb der Tat wartest, war es nicht reinen Herzens. Da kannst du sicher sein, du hast etwas erhofft, ersehnt, gewollt damit, bezweckt.
Dieses schöne: a rose is a rose is a rose. Ein Kuss ist ein Kuss ist ein Kuss. Eine Tat ist eine Tat ist eine Tat. Wenn sie nichts weiter bezweckt als sich selbst.
 Dann ist die Erfüllung hundert Prozent garantiert. Und erst dann ist sie garantiert. Sowie du damit irgendetwas anderes verbindest, kannst du es vergessen.
Wenn du damit verbindest, reich, berühmt, schön , geliebt und anerkannt zu werden, dann kannst du das eigentlich lassen, was du tust.
 Weil du wirst deine Energie nicht wirklich gebündelt auf das richten, was du tust. Also wenn du diese Blumen steckst und denkst: „Hoffentlich findet Mari-ananda das toll’. Wird nicht hinhauen. Wenn du die steckst, weil du sagst:
 ‘oh ihr wunder, wunderschönen Blumen. Euch stelle ich besonders schön, ihr seid so schön und ich tue euch so die Ehre, indem ich euch so schön stecke’ und dann stehe ich da und sag: ‘oh, so schöne Blumen und sind sie nicht schön gesteckt?’ Aber nicht: „Hab ichsie nicht schön gesteckt?’ Sindsie nicht schön gesteckt. Das reicht. Das ist sich selbst genug.
 Und wenn dann Mariananda kommt und sagt: „Die hast du aber schön ge-steckt’, dann sagst du: „Ja, aber die sind aber auch so schön, sie haben es verdient so schön gesteckt zu werden!’
Das hat dann nichts mit dir zu tun.
Du bist Diener der Blumen geworden. Und nicht: du benutzt die Blumen, um dein Selbstwertgefühl zu erhöhen. Hab ich das nicht toll gemacht?
Hab ich das nicht toll hingekriegt?
Oder das Gegenteil ist: „Ach, das ist doch nicht der Rede wert, das habe ich doch gern getan. Du lügst wie gedruckt.
Und das ist die Schatten Seite, die ich nicht haben will, die ich nicht hören will, was ich nicht wissen will, dass all meine Taten Ego-definiert, bestimmt, motiv-iert, abhängig sind, ich will es nicht wissen, weil ich denke: Aber irgendwas muss doch an mir gut sein’.
Ja, das einzige, was du nicht siehst, das ist an dir gut. Das, was du auch gar nicht sehen willst. Du ziehst deine Ego-Karten hervor und sagst: diese Karte? Die Karte? Das Benehmen? Die Geschichte? Und immer: Nein. Nein. Nein. Und dann irgendwann sitzt du da und ‘na und jetzt?’
Ich hab ein Gedicht geschrieben: Die große Show.  Vor langer, langer Zeit. Als ich nichts anderes mehr tat als in der Hölle, in der Schattenwelt zu wühlen.
 
Die große Show

Ich habe geweint, ich habe gelacht
und über allem:
Stets die große Show gemacht.
Das weiß ich heute,
und das tut mir weh.
Und trotzdem hab ich Mitleid,
wenn ich’s heut bei andern seh.
 
Weil ich die Not seh,
und den Mut und diese Qual:
Ich kann nicht sein, so wie ich bin
Dazu,
dazu fehlt mir der Boden und:
Der Himmel ist so furchtbar weit
entfernt.
 
Und trotzdem: diese Show,
die schreit und tobt und weint und lacht:
Mein Leben,
ist mein Leben, und ein Abenteuer
und ist auch meins: allein.
 
Und viele Jahre später,
so ganz verwirrt, ganz klein, ganz still,
hab ich nicht mehr geschrien, getobt, gelacht,
immer zu bunt, zu laut, zu schrill.
Ich habe nur geweint, ganz
leis’ geschluchzt:
Dass Leben so ein Abenteuer,
so eine Lust und  solche Qual und
soviel Schönes,
und doch auch soviel Böses sei.
 
Und dann hat dieser alte Mann gesagt,
als ich ihn fragte,
 so ganz verwirrt und klein und still,
und gar nicht show und gar nicht laut:
Wie bin ich nur?
Jetzt bist Du echt.
 
Und eine Seite wollte wieder Show,
Wollt toben, schreien, brüllen,
hassvoll weinend klagen:
Oh, wie gemein, wie böse bist Du mir.
Denn meine Ohren hatten nur gehört:
Bis jetzt warst Du nur Talmi,
Modeschmuck, halt nur:
die laute Show.
 
Doch ganz im tiefsten Inneren:
da wurde ich ganz ruhig, ganz still,
Zum ersten Mal: ganz ohne Angst,
ganz ohne Show.
 
Da hörte ich, und wusste ich:
Dass Leben doch ein Abenteuer,
ein Wagnis, und ein Großes ist.
Auch ohne Show.
Denn es ist: Meins.
 
Und diese Show,
immer zu laut,  zu bunt, zu schrill,
die mag ich immer noch:
Nur nicht zu oft.
 
Zermatt, 1.Januar 1984
 
Und das ist es,  nichtwieder diese Ego-Geister zu beschwören und nichtihnen nachzugeben und mancher braucht halt etwas länger und mancher braucht etwas kürzer, je nachdem, wie sehr er die Gespenster gefüttert hat.Aber noch einmal: durch die dunkle Nacht der Seele müssen alle hindurch. Alle. Es ist, glaube ich, ein Begriff von Johannes vom Kreuz. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, aber ich glaube, es ist ein Begriff von Johannes vom Kreuz, also der Weggefährte von Teresa von Avila, der diesen Begriff zum ersten Mal geprägt hat. Ich bin nicht ganz sicher. Und Teresa berichtet nurüber den dunklen Weg der Seele. Sie ist vor Verzweiflung unter der Decke geschwebt und dann ist sie wieder runter-geschwebt und dann hat sie Konvulsionen gekriegt und dann war sie wieder ganz tätig und wieder ganz fit beieinander, sie hat ja auch ein großes polit-isches Werk vollbracht. Und dann war sie wieder am Beten und dann hat sie wieder nichts gesehen und dann kam der Teufel wieder vorbei gelaufen und hat wieder Hölle, Hölle, Hölle gerufen und dann war sie wieder völlig fertig und dann war sie wieder ganz krank und dann vierzehn Tage später war sie wieder top-fit und hat wieder mit den Adligen um Klöster gerungen. Eine tiefgläubige Frau, und auch ihr ist es nicht erspart geblieben, weil es der Weg der Seele ist. Es ist nichts Böses oder Gutes; es geht um das vollstän-dige Erkennen der Doppelgesichtigkeit der Seele. Es ist ganz normal. Es gehört zum Mensch-sein. Es ist nur nicht gewohnt erkannt zu werden. Und je williger ich mir das angucke – und das Enneagram ist die Riesen Hilfe dabei, dass ich ein-fach sehe, auch ich bediene doch auch nur ein Muster!